Digitalisierung als ein durch technische Innovationen getriebener Prozess ist längst in allen gesellschaftlichen Bereichen angekommen. Von der Arbeitswelt über die Freizeit bis hin zu sozialen Beziehungen stellt sie die Gesellschaft vor einen Wandel, dem man sich weder im privaten noch im beruflichen Bereich entziehen kann.
In der Sozialwirtschaft wird die Bedeutung und Herausforderung der Digitalisierung noch unterschätzt. Interne Geschäftsprozesse, die Arbeit mit Klienten und die externe Kommunikation werden sich radikal ändern und bisherige Arbeitsformen müssen auf ihre Zukunftsfähigkeit überprüft werden.
Handlungsbedarf besteht dabei in allen Bereichen und Dienstleistungen der Sozialwirtschaft. So müssen Organisationen die Digitalisierung zu einer strategischen Führungsaufgabe machen und Projekt-, Prozess- und IT-Management konsequent zusammenbringen. Entwicklungen mit Hilfe der Digitalisierung werden für die Sozialwirtschaft mit Chancen und Risiken verbunden. Zu den Chancen zählen die Kommunikation und Pflege von sozialen Beziehungen unabhängig von Raum und Zeit, ein besserer Zugang zu Wissen und Bildung sowie eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch mobiles Arbeiten und Home Office. Dagegen stehen die Risiken und Gefahren wie ein Ende der Privatheit, soziale Entfremdung sowie eine Entgrenzung von Arbeit und Freizeit.
Klienten werden Kommunikationspartner
Unternehmen der Sozialwirtschaft betrachten bislang, möglicherweise aus alter Tradition oder Gewohnheit, ihre Klienten sowie deren Umfeld nicht als potentielle Kommunikationspartner in den elektronischen Medien. Die bisherigen Nutzer von Fachsoftware-Systemen sind oft ausschließlich Fachkräfte, die das Angebot hausintern zur Strukturierung ihrer Verwaltung nutzen. Viele Unternehmen der Sozialwirtschaft haben bislang keine oder keine ausreichende Strategie entwickelt, auf die veränderten Kommunikationsgewohnheiten, insbesondere bei den jüngeren Menschen, einzugehen und die eigenen Hilfsangebote für alle Nutzergruppen attraktiv zu gestalten. Perspektivisch müssen sich Organisationen zudem auf die neuen Arbeits- und Kommunikationsmittel einstellen, die ihre Angestellten bereits aus dem Privatleben kennen, wenn sie als innovativer Arbeitgeber wahrgenommen werden möchten. Unternehmensstrukturen und Rahmenbedingungen in der Sozialwirtschaft müssen mit Blick auf die neuen Herausforderungen im Kontext der digitalen Gesellschaft umstrukturiert werden. Bisher sind die Strukturen in der Sozialwirtschaft eher stark hierarchisch und zentralistisch geprägt, wobei sie die kreativen und innovativen Ressourcen, Engagement und Eigeninitiative sowie Verantwortungsbewusstsein für die eigene Arbeit der Mitarbeiter teilweise ungenutzt lassen. So zeigt ein Blick in die Welt der disruptiv agierenden Technologieunternehmen und Start-Ups, dass grundlegende Innovationen und Disruptionen vor allem von kleinen, flexiblen und stark vernetzten Einheiten mit interdisziplinärer Ausrichtung vorangetrieben werden.
Prozesse müssen überprüft und digitalisiert werden
Als Grundlage für einen gelungenen Einstieg in die Digitalisierung für Unternehmen müssen Prozesse zunächst intern, etwa bei der Klientendokumentation oder Personaleinsatzplanung, auf ihre Passgenauigkeit hin überprüft und optimiert werden. Dies schließt ausdrücklich auch die Überarbeitung und Schaffung neuer Prozesse mit direkter Beteiligung von Klienten mit ein, wo deren Integration zum betrieblichen Erfolg wesentlich beiträgt. Hierzu könnte beispielsweise eine Online-Terminplanung oder eine Partizipation an der Dokumentation über eine App gehören. Digitalisierung wird in diesen Fällen von einer Optimierungsmöglichkeit von Arbeitsprozessen und der Arbeitserleichterung für Mitarbeiter geleitet, die das gemeinsame Ziel nachhaltiger Hilfen und mehr Zeit für die Kommunikation mit Klienten und ihren Angehörigen beinhalten kann. Auf diese Weise entsteht eine prozessbewusste Organisation, die erfolgreich die notwendigen Schritte zur Digitalisierung des Unternehmens realisieren kann.
Um ein solches Ziel zu erreichen, müssen Prozesse konsequent zu Ende gedacht werden, denn wenn eine Klientenanfrage über eine Webseite dazu führt, dass die Anfrage für einen Termin ausgedruckt wird und vielleicht in einen Wandkalender manuell eingetragen wird, dann ist die digitale Prozesskette unnötig unterbrochen. Werden neue Hilfeformen und Angebote entwickelt, sollte von nun an das digitale Potenzial mitbedacht werden. Entscheidend ist hierfür, dass die beteiligten Fach- und Führungskräfte ihr Wissen über die digitale Welt einbringen und sich neues Wissen aneignen. Digitalisierung wird keinen Bereich der Sozialwirtschaft auslassen und kann nur gemeinsam erfolgreich und positiv gestaltet werden.
Der entscheidende Schritt für eine erfolgreiche Digitalisierung der eigenen Organisation ist die Qualifizierung und Weiterbildung der Führungskräfte und Mitarbeiter mit modernen und praxisrelevanten Prozess- und Projektmanagement-Systemen und -Tools . Hierfür werden in den paritätischen Akademien Berlin und -Süd ab 2019 neue und umsetzbare Seminare und Workshops angeboten.
Erschienen in:
https://paritaet-bw.de/uploads/media/Inform_4_2018_WEB_kl_01.pdf
Seite 14-15